Suche Hose, biete Rock. Roman by Annegrit Arens

Suche Hose, biete Rock. Roman by Annegrit Arens

Autor:Annegrit Arens [Arens, Annegrit]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: eBooks, Italien, Liebe, Ehe, Mann, Frau, Romanze, Affaere
ISBN: 978-3-95824-486-3
Herausgeber: dotbooks
veröffentlicht: 2015-12-09T23:00:00+00:00


***

»Sie können gleich essen«, sagte die Bedienstete, als Alice aus dem Arbeitszimmer zurück in die Wohnhalle trat. Der Kehrbesen war verschwunden, die Frau hatte auch ihre Schürze gewechselt. Sie trug nun Weiß, und von der Anrichte duftete es würzig nach frischen Kräutern und Gebratenem.

Als der Deckel von der Suppenterrine abgehoben wurde, verspürte Alice tatsächlich so etwas wie Hunger. Die Wut schien ein Loch in ihren Magen gefräst zu haben. Ihr war danach, die Scham über sich selbst – Hallo, Karl, die Nummer mit dir auf dem wurmstichigen Tisch in Volterra war Spitze! – mit einem halben Ochsen zuzupacken. Diese Minestrone mit den dicken Fettaugen und Fleischwürfeln tat’s auch. Karl war ein Sturkopf. Ein Pedant. Es wäre ihm nur recht geschehen, seinen Zuhälter-Bruder fürs vertretungsweise Begatten zu löhnen. Der schöne Henry war ein Begattungskünstler, alles was recht war, davon träumte ein Karl Kolb nur. Was waren schon achtunddreißigtausend für ein Prachtexemplar wie Henry?

Alice war schon mit ihrer Pastete zugange, als ihr auffiel, daß sie allein speiste. Keine Frau Zehner weit und breit. Lediglich diese Angestellte hantierte emsig an ihrer Anrichte. Auf die Geflügelpastete folgte eine Seezunge, die sie geschickt filetierte und auf zwei Teller verteilte. Den einen plazierte sie vor Alice, den anderen trug sie treppauf.

»Frau Zehner?« fragte Alice und nickte zur Decke hoch, als die Frau mit dem leeren Geschirr von der zweiten Vorspeise zurückkehrte.

»Sempre«, die Frau nickte. »Die Signora kommt immer nur zur »cena«, immer nur abends, Sie verstehen?«

»Zum Abendessen.« Alice verstand, zumindest was die Übersetzung des italienischen Wortes fürs Abendmahl betraf. Warum die Hausfrau allerdings die Tage oben in ihrem Zimmer vertat, während unten eine eigene Villa und eine Traumlandschaft auf sie warteten, blieb Alice ein Rätsel.

»Sie kränkelt?« fragte Alice aufs Geradewohl. »Ammalata?« Sie konnte schlecht hier sitzen, sich bedienen lassen und dabei keinen Ton mit dieser Frau wechseln, die trotz ihrer Rolle majestätisch wirkte. Der Gang war breitgesetzt, die Schultern gerade, die Augen hefteten sich schwarzen Punkten gleich auf jeden Petersilienstengel und jede aus der Reihe tanzende Limonenscheibe. Eine wuchtige Majestät ohne Schnörkel, lediglich die Hände hätten besser zu einer Pianistin gepaßt. Beim Zerlegen der Seezunge hatte Alice wie gebannt auf das virtuose Spiel der feingliedrigen Finger gesehen.

»In unserer Familie ist man nicht krank.« Die Frau schüttelte energisch den Kopf. »Nehmen Sie noch Soße?« Sie hob die silberne Sauciere.

Alice schüttelte den Kopf. »Ich meinte nicht Sie. Ich meinte die Signora Zehner.«

Ein gewitztes Lächeln antwortete Alice. Dann folgte in gebrochenem Deutsch und begleitet von unermüdlichem Aufdecken, Ablöffeln und Abräumen der Speisen die Aufbröselung einer Familiengeschichte, zu der Faustina ebenso wie ihre Arbeitgeberin Antonelia Zehner, geborene Zandoni, gehörten. Alice fand eben noch Zeit, den seltenen Namen »Faustina« zu bewundern, als sie auch schon erfuhr, daß »die Signora« ihre Angestellte so umbenannt habe, um Verwechslungen zu vermeiden. Faustinas Taufname war ebenfalls Antonella, ein weit verbreiteter Name in der Familie Zandoni, aus der außer der Signora auch der Monsignore Paolo und natürlich Carla, Faustinas Tochter, stammten. Früher gehörte den Zandonis eine Ölmühle, doch die war dem nahen Marmorbruch zum Opfer gefallen,



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